Drei göttliche Wesen nahmen uns die Sorgen ab.

Es waren Trommel, Tanz und Gesang. (afrikanisches Sprichwort)

Diese drei göttlichen Wesen leben auch im „Raum für Rhythmische Impulse“ … und sie freuen sich über deinen Besuch.

Anbei poste ich einen sehr interessanten Artikel aus der Apotheken Umschau, den ich beim Aufräumen wiedergefunden habe. Erstellt am 8.3.2013 von Barbara Kandler-Schmitt.

Trommeln als Therapie

Trommeln wird zum Beispiel bei Depressionen und ADHS eingesetzt. Die Kombination aus Rhythmus und Bewegung erzielt Erfolge

Um die heilsame Wirkung des Trommelns wussten schon die Schamanen der Steinzeit. Noch heute trommeln sich Naturvölker bei Heilritualen mit Schlaginstrumenten in Trance. Inzwischen haben Djembes, Congas und Bongos auch Mitteleuropa erreicht: In Workshops und Seminaren schlagen Hausfrauen, Rentner und Manager kräftig auf die Felle. Auch in vielen Schulen, Kindertagesstätten und Kliniken kommen Schlaginstrumente zum Einsatz. Gerade im hoch technisierten Zeitalter üben die alten Musikinstrumente mit ihrer Einfachheit und Ursprünglichkeit offenbar eine gewaltige Faszination aus.

„Rhythmisches Trommeln befriedigt ganz archaische Bedürfnisse“, erklärt Professor Eckart Altenmüller, Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musikermedizin der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Bereits der erste Sinneseindruck im Leben sei von Rhythmus geprägt: Ab der 21. Schwangerschaftswoche hört der Fötus den Herzschlag seiner Mutter.

Der Körper arbeitet rhythmisch

„Der menschliche Organismus besteht überwiegend aus rhythmischen Strukturen und Mustern“, bestätigt Professor Hans Volker Bolay vom Deutschen Zentrum für Musiktherapieforschung in Heidelberg. „Diese Körperrhythmen werden beim Trommeln angeregt und erfahrbar gemacht.“ So passen sich Puls und Atmung an den vorgegebenen Rhythmus an. „Vergleichsmessungen vor und nach Trommeleinheiten zeigen eine enorme körperliche und psychische Aktivierung“, sagt Musiktherapeut Bolay.

Aussagekräftige wissenschaftliche Studien gibt es nur wenige. Neurologe Altenmüller erforscht die physiologischen Auswirkungen des Musizierens auf die Aktivität verschiedener Gehirnbereiche. „Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass beim Trommeln die Hör- und Bewegungszentren stärker vernetzt sind.“ Neben dem Großhirn werden auch die darunterliegenden Basalganglien aktiviert, in denen die automatisch ablaufenden Bewegungen gespeichert sind.

Das richtige Timing fürs Gehirn

Wie der Musikphysiologe betont, regt rhythmisches Trommeln auch das Kleinhirn an, das oft als „Uhr“ des Gehirns bezeichnet wird. „Hier werden zeitliche Verhältnisse und die zeitliche Ordnung programmiert“, erklärt Altenmüller. „Bei Störungen im Steuerprogramm lässt sich die Ordnung durch Trommeln wiederherstellen.“ Diesen Effekt könne man zum Beispiel bei Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen nutzen: „Beim Trommeln übt das Gehirn gewissermaßen das richtige Timing.“

Verbesserte Motorik

Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „The Drum Beat“ der Technischen Universität Chemnitz scheint dies zu bestätigen. Das Team um den Sportmediziner Professor Henry Schulz untersuchte die Auswirkungen regelmäßiger Trommeleinheiten bei 21 Kindergarten- und Schulkindern mit ADHS und Entwicklungsverzögerungen. „Ihre motorische Leistungsfähigkeit hatte sich nach Abschluss des Projekts deutlich verbessert und entsprach dem Niveau von Gleichaltrigen ohne Entwicklungsverzögerung“, berichtet Schulz.

Nach Aussagen von Eltern und Erziehern wirkten sich die Trommeleinheiten auch auf das Verhalten positiv aus. Die Kinder konnten sich besser konzentrieren und waren mit Begeisterung bei der Sache. „Wegen des hohen Spaßfaktors lassen sich verhaltensauffällige Kinder durch Trommeln möglicherweise effektiver fördern als durch andere Angebote“, fasst Schulz zusammen.

Von der belebenden Wirkung einer Trommel-Session profitieren offenbar auch Patienten mit Depressionen und Angsterkrankungen: Wie finnische Forscher im British Journal of Psychiatry berichten, lässt sich die Wirksamkeit einer Standardbehandlung mit Psychotherapie und Antidepressiva durch regelmäßige Trommeleinheiten deutlich steigern.

Trommeln gegen Depressionen

Von 79 Depressions-Patienten erhielten 33 zusätzlich zu Medikamenten und Psychotherapie in zweiwöchigen Abständen insgesamt 20 Einheiten Musiktherapie mit afrikanischen Trommeln und Vibrafonen. Drei Monate nach Beginn hatten sich die Depressions- und Angstsymptome stärker gebessert als bei der Kontrollgruppe, und die Patienten konnten ihren Alltag besser bewältigen. Die Wirkung hielt auch drei Monate nach Therapieende noch an.

„Depressive Menschen haben oft ein schlechtes Selbstbild und das Gefühl, nicht gehört zu werden“, erklärt Neurologe Altenmüller die psychologischen Effekte. „Beim Trommeln in der Gruppe erleben sie ein Gefühl von Zugehörigkeit und machen die Erfahrung, etwas bewirken zu können. Die rhythmischen Reize wirken zudem beruhigend und angstlösend, vor allem wenn die Trommel direkt mit den Handflächen geschlagen wird: Die Vibrationen sind so deutlicher spürbar.

Einzigartige Kombination aus Rhythmus und Bewegung

Da depressive Menschen gut auf sportliche Aktivitäten ansprechen, scheint beim Trommeln auch die körperliche Bewegung eine Rolle zu spielen. Der Chemnitzer Sportmediziner Schulz jedenfalls schwört auf die einzigartige Kombination aus Rhythmus und Bewegung. In einem kleinen Pilotprojekt hat er die Wirkung der Trommel-Therapie an depressiven Patienten einer Rehabilitationsklinik für psychosomatische Erkrankungen getestet. „Die Teilnehmer waren deutlich motivierter als bei anderen Sportprogrammen“, berichtet er. Eine größere klinische Studie in einer psychosomatischen Rehaeinrichtung sei in Planung.

Da Trommeln im Gegensatz zu anderen Instrumenten auch Patienten ohne musikalische Vorbildung spielen können, werden sie zunehmend in Kliniken eingesetzt. „Trommeln kann jeder, weil das Rhythmusgefühl angeboren und die spieltechnische Anforderung gering ist“, sagt der Heidelberger Musiktherapeut Bolay.

Optik und Klang der Schlaginstrumente spielen für den Therapieerfolg offenbar eine untergeordnete Rolle. „Mit primitiven Hohlkörpern lassen sich die gleichen Effekte erzielen wie mit aufwendig verarbeiteten Fellinstrumenten“, sagt Musiktherapeut Prof. Hans Volker Bolay. Das Chemnitzer Forschungsprojekt „The Drum Beat“ setzt ganz pragmatisch auf schlichte Gymnastikbälle, die mit Stöcken bearbeitet werden. „Trommeln sind zu teuer in der Anschaffung“, erklärt Projektleiter Schulz. „Für therapeutische Zwecke müssen wir deshalb auf allgemein zugängliche Geräte zurückgreifen.“

Therapie mit Nebenwirkungen

Der Musiktherapeut freilich muss sein Handwerk verstehen, um nicht unbemerkt die Grenze zum Schädlichen zu überschreiten. „Wie alle wirksamen Therapieformen kann auch die Musiktherapie unerwünschte Nebenwirkungen haben“, warnt Bolay. „Wenn ein Patient zum Beispiel Psychopharmaka nimmt, muss der Therapeut darauf achten, dass er sich beim Trommeln nicht überfordert oder völlig die Bodenhaftung verliert.“

Barbara Kandler-Schmitt / Apotheken-Umschau / aktualisiert am 03.02.2014