Ich lerne jeden Tag Neues – und du?

Lernen gehört zum Leben wie die Luft zum Atmen und wir werden täglich vom Lernen beeinflusst und das in so ziemlich jeder Situation. Es ist das Aufnehmen und Speichern von Sinnesdaten, das Aneignen von Wissen und Kenntnissen. Die Fähigkeit, sich mit den Gegebenheiten des Lebens und der Umwelt sinnvoll auseinanderzusetzen, zu agieren und sich gegebenenfalls im eigenen Interesse zu verändern. Lernen begleitet uns ein Leben lang.

Es scheint allerdings ein Phänomen zu sein, dass wir mit den Jahren Mühe haben zu lernen und auch oft die Lust daran verlieren. Lieber neuen und unbekannten Situationen aus dem Weg gehen, anstatt das Risiko auf sich zu nehmen sich hier und da mit dem Nichtkönnen und Nichtwissen zu konfrontieren. Ich denke das haben wir alle schon erlebt. Oder?

Kinder hingegen kennen keine Lernprobleme. Sie sind neu-gierig, sie lernen spielerisch und vor allem, wenn man sie mal genau beobachtet, hingebungsvoll. Sie wollen die Welt erforschen und lassen sich auf ihrer Entdeckungsreise von nichts und niemandem ablenken.

So lernt unser Gehirn

Kaum vorstellbar dass 100 -150 Milliarden Nervenzellen immer und ohne Unterbrechung miteinander kommunizieren. Ich stelle mir das wie ein großer wuselnder Ameisenhaufen vor. Da ist ganz schön was los. Und Ameisen haben immer den Durchblick! Sie wissen genau was wann und wie zu tun ist.

Laut Hirnforschung entstehen durch Lernen im Gehirn neue neuronale Verknüpfungen, also Verbindungen zwischen all diesen Nervenzellen. Je öfter wir eine bestimmte Lernerfahrung machen, desto stabiler ist diese Verbindung im Normalfall auch. Und je mehr Eingangskanäle, wie unsere Sinneskanäle und die Motorik, an einer Lernerfahrung beteiligt sind, desto besser wird sie abgespeichert.

Warum erzähle ich dir das? Ich will dich mit diesem Beitrag aufmuntern zu lernen, vor allem bewusst zu lernen! Und in der Musik ist es das ÜBEN am Instrument!

Macht dir Üben Spaß?

Übst du überhaupt?

Manche sagen Üben macht keinen Spaß. Dem kann ich nicht zustimmen. Meine persönliche Erfahrung ist, dass wenn ich mir genügend Zeit und Raum schaffe um mich dem Üben ganz hinzugeben, dann tauche ich ab und bin in der puren Spielfreude. Juchuu, dann steht die Welt still, zumindest die äussere und es gibt nur mich und die Klänge. Das braucht allerdings meistens ein paar Minuten bis ich dort auf dieser Insel der Glückseligkeit angekommen bin, denn der Verstand will mich oft mit Gedanken wie „ich habe doch jetzt überhaupt keine Zeit, das kann ich mir nicht erlauben“ davon wieder abhalten.

Meine intensivste Übe-Erfahrung

machte ich 2008, als ich ein Jahr bei meinem wichtigsten Trommelmentor Adama Dramé in Burkina Faso, Westafrika, verbracht habe. An manchen Tagen übte ich 8 Stunden. Wahnsinn, oder? Echt jetzt? … jaaa echt … das ist für manche unvorstellbar. 😂

„Wie kann man bloss so lange trommeln? Ist das nicht langweilig?“

Nein. Diese Zeit war sehr intensiv und intim. Ich habe viel über mich und mein Verhalten in bestimmten Situationen erfahren. Da ich ja keine anderen Termine hatte und mein Ziel Adama Dramé’s anspruchsvolle Djembe Spieltechnik lernen war, lag meine ganze Ausrichtung, Energie und Hingabe beim Üben. Und da war alles drin. Alles an Gefühlen. Freude und Frust. Friede und Kampf. Schmerz und Freiheit. Mut und Angst. Willkommen in der Polarität!

Trommeln können beste Freunde sein. Halte mich für verrückt, aber für mich ist jede Trommel ein eigenständiges Wesen, mit dem ich in eine Kommunikation und Freundschaft gehen kann. Ich liebe meine Trommeln.
Trommeln ist für mich auch aktive Meditation und eine Möglichkeit über das Atmen und das Annehmen was ist, immer wieder in die Balance zu kommen, in den Flow, in die Einheit und vor allem in meine Kraft! Yepp! 💚

 

Heute teile ich meine persönlichen Übetipps mit dir.

Das Zen des Übens:

  1. Schaffe dir Raum und Zeit für deine Übungssequenzen. Wenn du dich vor allem technisch verbessern möchtest, dann macht es Sinn mehrmals in der Woche kurz zu üben. Fünf Minuten täglich bringen dich mehr voran als einmal in der Woche eine Stunde. Die Wiederholung macht’s. Die neue neuronale Verbindung wird somit gefestigt und im Gedächtnis abgespeichert.

  2. Wenn du in einer Stadtwohnung lebst und deine Nachbarn nicht stören willst, dann empfehle ich dir deine Djembe mit einem Kissen und einem Handtuch abzudämpfen. Hierzu gibt es ein YouTube Video. Im Sommer kannst du natürlich auch nach draußen in den Park. An der frischen Luft macht’s sicher noch mehr Freude. Alle, die RAV oder Handpans spielen, dürften wegen der Lautstärke keine Probleme haben. Im Gegenteil: Die Nachbarn freuen sich doch bestimmt, oder? Also ich würde mich sehr freuen, wenn in der Nachbarschaft musiziert wird.

  3. Mache Warm-ups und lockere deine Hände, deinen Schultergürtel und auch gerne deinen kompletten Körper. Tu das, was dir in diesem Moment in den Sinn kommt. Wenn dir was in den Sinn kommt, dann spricht die Intuition. Deine Wegweiserin die dir zeigt, was dein Körper braucht. Bewegen, Reiben, Rütteln oder Schütteln. Alles ist erlaubt. In meinen YouTube Kanal habe ich auch ein Video zum Auflockern der Hände.

  4. Nimm zur Begrüßung deiner Übungsstunde einen Moment bewussten Kontakt mit deinem Instrument auf, zB über berühren und streicheln. Aloha da bin ich, da sind wir. Jetzt geht’s los!

  5. Schau, dass du einen guten Übeplatz wählst, zum Beispiel auf einem gemütlichen Teppich, so dass deine Füße ganz entspannt und kuschelig auf dem Boden bleiben. Wenn du magst, dann massiere doch bevor du loslegst deine Fußsohlen und Zehen etwas, um sie im Anschluss in einen guten bewussten Kontakt zum Boden zu bringen. Wenn wir konzentriert lernen, dann ist die Aufmerksamkeit und Energie eher im Kopf. Dein Gehirn ist damit beschäftigt alle neuen Impulse aufzunehmen und Netzwerke aufzubauen. Das weißt du ja bereits. Um dem Entgegenzuwirken und den Energiefluss auszugleichen, (um nicht zu sehr kopflastig und dann davon müde zu werden) bring deine Aufmerksamkeit immer wieder während des Übens in Richtung Füße. Ich beobachte bei vielen Schülern*innen immer wieder, dass die Zehen verkrampfen. Ist ja auch klar, der ganze Körper will mithelfen. Manchmal ist das allerdings auch zu viel des Guten.

  6. Wenn du beim Starten deiner Übungssequenz noch zerstreut und gedanklich mit Alltagsproblemen beschäftigt bist, dann hau einfach erst mal raus! Lass dich spielen. Lass es spielen. Überlasse es deinen Händen, gibt ihnen die Verantwortung über die Bewegung und das Trommeln. Setz deine Gedanken und Probleme nebenan auf das Sofa, lass sie einfach da sein, ohne dass sie deine ganze Aufmerksamkeit bekommen. Atme und genieße dich, ganz wertfrei. Gehe in eine Beobachterrolle und sei neugierig auf das, was deine Hände dir vorspielen. Lass dich mal von dir selbst überraschen.

  7. Wenn du Sounds und Technik üben möchtest, dann drossel immer dein Tempo, bis du all diese komplexen Bewegungen und Muskelaktivitäten wahrnehmen kannst. Leute, die mit mir schon mal Unterricht hatten, wissen wie pingelig ich darin bin. Ich liebe die kleinen Details. Sie können soviel Großes bewirken.

  8. Schau, dass dein Atem auch während des Trommelns fließen kann und schau, dass du dich immer wieder während des Spielens entspannst. Schultern hängen lassen. Kiefer lockern. Zunge entspannt im Gaumen liegen lassen. Meine Erfahrung ist: Umso entspannter du spielst, umso voller und brillanter ist dein Klang.

  9. Übe des Üben willens. Such dir ein Thema oder Stück aus und übe in einem moderaten Tempo. Verlange nicht von dir perfekt zu sein. Dort, wo du Schwierigkeiten hast verbleibe und wiederhole. Oder schlaf erst mal drüber. Nimm es nicht persönlich, wenn du manches nicht gleich kannst oder verstehst. Hab Verständnis für deine natürlichen Hirn- und Lernprozesse. Gib nicht auf und sei vor allem lieb zu dir.

  10. Steh dir nicht selbst mit negativen Gedanken im Weg.

  11. Wenn du dich nicht mehr konzentrieren kannst oder du müde bist: zwinge dich nicht. Mach das Fenster auf und nimm ein paar tiefe Atemzüge. Danach spielst du dein Stück noch einmal ganz in Ruhe und hörst auf. Genug für heute!

  12. Üben geht auch anders. Mentales Training hat sich als sehr effektiv erwiesen. Leg dich aufs Sofa und schließ deine Augen. Stell dir ganz genau vor, was du machen musst, um dein Instrument zu spielen. Schau wie deine Hände trommeln und welche Hand wann und was spielt. Hör dir in deiner Fantasie zu. Dann stehst du auf und spielst.

  13. Die innere Stimme ist beim Trommeln eine ständige und sehr unterstützende Begleiterin. Sing doch mal alles in deiner eigenen Rhythmussprache laut mit. Ich bin ziemlich sicher, dass du das auch schon gemacht hast. Sei es beim Autofahren oder in der Dusche. Stimmt’s?

  14. Wenn du richtig intensiv üben möchtest, dann empfehle ich dir mit Audio Loops oder Metronom zu üben. Das ist ein richtiges Training und mit der Zeit wirst du rhythmisch stabil. Damit du dich gut auf die Übe-Einheiten einlassen kannst, empfehle ich dir einen Timer zu nutzen. Somit übergibst du die Verantwortung über deine Zeit diesem Timer und kannst dich voll und ganz deiner Übung hingeben. Zum Beispiel pro Übung 10 Minuten.

  15. Um deine Erfolge zu beobachten kannst du Notizen machen. Ich hatte mal eine Schülerin, die ist diesem Rat gefolgt. Sie hatte verschiedene Übungen in Tempostufen über einen längeren Zeitraum gemacht und konnte so klar ihre Lernerfolge beobachten. Am Ende hat sie sich dann mit einer neuen Trommel belohnt. Toll, oder?

Ich habe sicher noch viel mehr Tipps auf Lager, aber für heute reicht es erst einmal. 😉
Ich freue mich über deine Kommentare und Fragen.